Wassersport im Schaufenster

Diese Wassersport-Erzählung verknüpfe ich mit einem kleinen Quiz: Die Story hat eine Besonderheit, durch die sie sich von allen bisherigen Stories von mir unterscheidet. Wer als erstes errät, was ich meine, darf sich was wünschen. 🙂

— Schaufenster —

von Markus T.
markus@fromme.com

Tja, hier ist mein Steckbrief: Sophie Weiden, 20 Jahre alt, Abitur, noch kein fester Freund. Man sagt mir eine ausschweifende Phantasie und Improvisationsgabe nach. Aber das kannst du vielleicht am besten selbst beurteilen, wenn du gelesen hast, was ich in meinem Job so angestellt habe …

Eigentlich wollte ich ein Studium beginnen, aber leider hatte ich bei der Vergabe keinen Studienplatz bekommen. Aber natürlich würde ich nicht aufgeben, sondern es zum nächsten Semester erneut versuchen. Doch bis dahin brauchte ich irgendeine andere Beschäftigung, denn ich konnte nicht so lange faulenzen und meinen Eltern auf der Tasche liegen.

Durch die Vermittlung einer Nachbarin bekam ich dann die Möglichkeit, eine Ausbildung in einem Kaufhaus anzufangen. Das war nicht gerade mein Traumjob, aber besser als nichts, und falls es mir später absolut keinen Spaß mehr machen sollte, konnte ich immer noch aufhören und etwas anderes machen. Manch anderes Mädchen in meinem Alter wäre sicherlich froh gewesen, überhaupt irgendwas zu finden. Und nicht zuletzt regte sich auch meine Eitelkeit, denn jene Nachbarin hatte gemeint, daß ich ja eine hübsche junge Dame sei und daher ganz prima als Verkäuferin in die Abteilung für Damenoberbekleidung passen würde.

Also überlegte ich nicht lange und nahm das Angebot an. Wer weiß, vielleicht würde es mir sogar so viel Spaß machen, daß ich das Studium noch um ein weiteres Semester verschob, oder ganz aufgab.

Am Anfang wurde ich erstmal von Abteilung zu Abteilung durchgereicht, damit ich einen Überblick gewann und alles kennenlernte. Dann mußte ich eine zeitlang im Lager arbeiten, wo die neuen Lieferungen ankamen, die sortiert und eingebucht werden mußten. In die wertvolleren Artikel mußte ich diese komischen Plastiksiegel reinknipsen. Und schließlich wurden die Stücke auf Rollständern oder ähnlichem aufgehängt oder auf Grabbeltischen in den Verkaufsbereich gefahren. Davon, daß ich zur Verkäuferin ausgebildet werden sollte, merkte ich eigentlich noch nicht so besonders viel. Ich kam mir eher wie eine Aushilfskraft vor.

Aber wieso erzähle ich das eigentlich alles; das interessiert dich sicherlich nicht. Ich fand es auch eher ziemlich langweilig.

Bis zu jenem Tag, an dem mich die Abteilungsleiterin beiseite nahm und sagte: »Sophie, würden Sie mir bitte mal im Schaufenster helfen? Sonst hat das immer die Gisela gemacht, aber die arbeitet ja leider nicht mehr bei uns. Und ausgerechnet heute haben wir die neue Kollektion bekommen. Wir müssen unbedingt die Auslagen auf den aktuellen Stand bringen.«

Also folgte ich ihr brav in den Schaufensterbereich.

Währenddessen redete sie ununterbrochen weiter; sie war eine richtige Quasselstrippe. »Wir haben ja schon die Anzeigen in der Tageszeitung geschaltet, wie sieht das denn aus, wenn die Leute kommen und wir noch den ganzen alten Plunder im Schaufenster haben. Ach ja, Sophie, dort drüben steht der Karton mit den Blusen und Röcken, nehmen Sie den bitte mit, ja.«

Es war ein recht großes Kaufhaus, und daher war die Schaufensterfront auch sehr lang. Davon hatte die Abteilung für Damenoberbekleidung, zu der ich gehörte, drei große Fenster.

»Wissen Sie, Sophie, die Schaufensterdekoration ist eine sehr wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe. Schließlich ist es das erste, was die Leute sehen, wenn sie zu uns kommen. Und sie müssen glauben, daß sie in der Kleidung genauso gut aussehen wie unsere Schaufensterpuppen. Wenn die Kunden erstmal drin sind und etwas zur Anprobe aussuchen, ist das schon die halbe Miete.«

Bla bla bla …

»Sophie, Sie ziehen den Puppen die alten Sachen aus. Legen Sie sie in den anderen Karton. Das Ankleiden mit den neuen Sachen übernehme ich lieber selbst. Sie haben sowas bestimmt noch nie gemacht. Schauen Sie gut zu. Es ist gar nicht so einfach, die Puppen so hinzustellen, daß es natürlich aussieht.«

Ich hörte gar nicht mehr richtig zu, während sie weiterredete.

Zuerst war es ein ganz komisches Gefühl, im Schaufenster zu stehen, während draußen die Leute vorbeigingen und hereinschauten. Irgendwie kam man sich vor wie ein Tier im Zoo. Ich bemerkte, daß besonders die Männer immer wieder stehenblieben und mir Blicke zuwarfen. Einige lächelten mich ganz freundlich an. Seltsam. Wenn ich ganz normal auf der Straße ging, erregte ich nicht soviel Aufmerksamkeit. Klar, ab und zu drehte sich jemand nach mir um, aber nicht so. Verwirrt überlegte ich, was an einer Frau so besonders war, die in einem Schaufenster arbeitet. Lag es daran, weil ich die Schaufensterpuppen entkleidete? War das irgendwie unterschwellig erotisch?

Ich versuchte, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren und nicht auf die Passanten zu achten. Vielleicht redete meine Vorgesetzte deswegen so viel, nämlich um sich ebenfalls davon abzulenken.

Das Ausziehen ging recht schnell, und so stand ich schon nach kurzer Zeit wieder untätig herum. Es war mir ein wenig unbehaglich, nur herumzustehen und zuzuschauen, also griff ich kurzerhand in den Karton mit den neuen Sachen und begann ebenfalls, eine Schaufensterpuppe einzukleiden.

Die Abteilungsleiterin warf mir einen kurzen Blick zu, und ich erwartete schon, daß sie sagte, ich solle aufhören. Aber zu meiner Verwunderung schwieg sie (ja, tatsächlich) und setzte ihre Arbeit fort.

So langsam fand ich Gefallen an der Sache. Es machte Spaß, die neuen Sachen den Puppen anzuziehen. Es war ein bißchen so, als würde ich sie selbst anprobieren, aber natürlich konnte ich mir diese teuren Kleidungsstücke von meinem kleinen Gehalt nicht leisten.

Nachdem ich die erste Puppe eingekleidet hatte, begann ich, ihre Gelenke so einzustellen, daß es aussah, als würde sie auf den Betrachter zulaufen und dabei winken. In einer Ritze am Boden entdeckte ich ein paar Lamettafäden, die von der letzten Weihnachtsdekoration übriggeblieben sein mußten. Kurzerhand klaubte ich sie auf und band damit der Puppe das glatte Haar zu einem glitzernden Pferdeschwanz zusammen. Abschließend zupfte ich ihre Bluse nochmal zurecht und klopfte ihr anerkennend auf die Schulter.

»Nicht schlecht, Sophie«, hörte ich es neben mir. »Nein, wirklich, das sieht richtig gut aus. Ich glaube, Sie haben Talent.«

Ich freute mich riesig über das Lob und wandte mich eifrig der nächsten Schaufensterpuppe zu. Die Blicke der Passanten störten mich nicht mehr, im Gegenteil, ich genoß es, daß man mir bei meiner kreativen Arbeit zusah. Ich begann sogar, ein Lied zu summen. Die Zeit verging wie im Flug.

Die Beschäftigung hatte mich so eingenommen, daß ich gar nicht bemerkte, daß ich für einige Minuten ganz allein war. Plötzlich standen die Abteilungsleiterin und eine Dame aus der Personalabteilung neben mir.

»Und das hat sie ganz allein gemacht?« fragte die Dame.

Meine Chefin nickte.

»Ich glaube, wir haben jetzt eine Nachfolgerin für Gisela. Vorausgesetzt, Sie sind einverstanden, Sophie.«

Ich nickte und konnte meine Freude kaum verbergen. Das war ein Job genau nach meinem Geschmack, viel besser als die eintönige Lagerarbeit.

Natürlich wurde meine Ausbildung wie geplant fortgesetzt, denn nicht jeden Tag gab es eine neue Deko im Schaufenster oder neue Kleidung für die Puppen. Auch die Arbeit im Lager mußte ab und zu sein; es gehörte halt dazu. Bald darauf durfte ich auch zum ersten Mal im Kassenbereich arbeiten und Kundenkontakt haben.

Als es das nächstemal etwas im Schaufenster zu tun gab, war die Abteilungsleiterin noch dabei und beaufsichtigte mich, aber danach hatte ich völlig freie Hand und konnte die Puppen und Auslagen ganz allein gestalten.

Es sprach sich bald herum, daß meine Schaufensterdekos etwas ganz Besonderes waren. Einmal fiel mir zum Beispiel auf, daß die Puppen gar keine Unterwäsche trugen. Nun ja, mußten sie auch nicht, schließlich waren es nur Puppen, und meine Abteilung hatte nur Damenoberbekleidung. Aber trotzdem fand ich, daß das irgendwie nicht richtig war.

Also lief ich kurzerhand in die benachbarte Abteilung für Unterwäsche und Dessous und fragte dort eine Kassiererin: »Kann ich mir mal einen Slip und einen BH ausleihen?«

»Wie bitte?!?«

»Ich brauche einen für die Dekoration.«

»Das müssen Sie mir aber genauer erklären.«

»Wir haben diese neuen Hüfthosen bekommen, und ich möchte eine der Puppen in gebückter Pose hinstellen, so daß man den Rand vom Slip sehen kann. Es würde ja sonst seltsam aussehen. Normalerweise trägt man ja was drunter.«

»Hmm. Und der BH?«

»Für das enge T-Shirt. Die meisten Frauen laufen ja auch nicht ohne herum.«

»Hmm. Na schön, suchen Sie sich was aus, aber nichts teures. Nehmen Sie was aus dem Standardsortiment.«

Gesagt, getan. Eine Minute später stand ich wieder bei der Kassiererin, um meine »Beute« ausbuchen zu lassen.

»Nanu, war vorhin nicht die Rede von nur einem Slip?« Sie schaute auf den Stringtanga und die beiden normalen Slips.

»Naja, äh«, stotterte ich, »der Tanga ist für die Hüfthose … und wir haben noch zwei enganliegende Hosen, da dachte ich mir, daß es gut aussehen würde, wenn man darunter die Nähte von einem Slip erahnen könnte …«

»Warum gehen Sie nicht zu den Hygieneartikeln und nehmen noch ein paar Slipeinlagen für Ihre Puppen?« fragte die Kassiererin sarkastisch.

Ich brauchte eine Sekunde, um zu begreifen, daß Sie es nicht ernst gemeint hatte. Immerhin kam kein Widerspruch. Sie scannte die Strichcodes ein, buchte die Artikel für die interne Verwendung, und drückte sie mir in die Hand.

Als ich wenig später der Schaufensterpuppe den Stringtanga anzog, bemerkte ich aus den Augenwinkeln wieder, wie Passanten draußen stehenblieben und mir zusahen. Zuerst war es mir ein bißchen peinlich, einer anderen Frau Unterwäsche anzuziehen, auch wenn es nur eine Puppe war, aber dann faßte ich mir ein wenig Mut und ging in die Offensive.

Ich wandte den Kopf und zwinkerte den Leuten draußen zu. Dann zupfte ich den Tanga betont langsam und vorsichtig in die richtige Position. Zum Schluß strich noch einmal mit den Fingern über den String zwischen den Plastikpobacken der Puppe und leckte mir dabei über die Lippen. Ich glaube, in diesem Augenblick ging den männlichen Zuschauern draußen einer ab …

Dann setzte ich meine Arbeit ungerührt fort und tat so, als wenn nichts wäre. Kurz darauf war die Puppe fertig, und es war genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte: Sie bückte sich, als wenn sie etwas vom Boden aufheben wollte, und dabei lugte der Rand des Tangas unter der Hüfthose hervor. Ich fand, es sah irgendwie süß aus.

Ein junges Pärchen schaute herein. Der Mann deutete auf die Puppe mit der Hüfthose und sagte etwas zu der Frau. Sie lachte und schüttelte den Kopf. Der Mann sprach weiter, schien sie zu etwas überreden zu wollen. Schließlich gingen sie Hand in Hand zum Eingang und kamen herein. Und nach zehn Minuten hatten sie in meiner Abteilung eine Hose und in der Nachbarabteilung einen Tanga erworben.

Einige Wochen später passierte dann allerdings etwas, was mich fast den Job gekostet hätte.

Eine Ladung Jeans war gekommen, und ich sollte die Puppen im Schaufenster entsprechend umkleiden. »Für oben herum suchen Sie sich irgendwas Passendes aus«, hatte meine Chefin gesagt. »Lassen Sie es jugendlich ausschauen, so teenager-mäßig. Sie wissen schon, ein bißchen ausgeflippt. Sie wissen bestimmt besser als ich, wie Sie das hinkriegen.«

Ich wollte mich schon umwenden, da rief sie mir noch hinterher: »Sophie, schauen Sie doch mal hinten im Lager. Ich glaube, da haben wir noch Puppen, die etwas jünger aussehen als die, die im Moment im Schaufenster stehen.«

»Ist gut, mach ich«, versicherte ich und beeilte mich, ins Lager zu kommen, bevor ihr noch irgendwas einfiel und sie mich weiter aufhielt.

Im Lager gab es eine Ecke, wo alle möglichen Utensilien und Dekorationsartikel gelagert wurden. Hier gab es alles, was das Herz begehrte, von Bauklötzen aus Styropor bis zum künstlichen Weihnachtsbaum. Unbekleidete Schaufensterpuppen lagen in großen Kisten und lehnten an der Wand. Es gab auch einzelne Körperteile zum Wechseln, so daß man einfach durch Austauschen des Kopfes aus einer ernst dreinblickenden Schwarzhaarigen eine fröhliche Blondine machen konnte.

Wie ich so den Bestand durchschaute, fiel mir eine Kiste mit besonders lustigen Köpfen in die Hände. Sie verdrehten ihre Augen, zwinkerten oder bliesen die Backen auf, und der eine Kopf zeigte so ein herzliches, prustendes Lachen, daß ich bei dem Anblick selbst kurz auflachen mußte.

Wahrscheinlich waren diese Köpfe für den Fasching gedacht, aber das war mir egal. Die Abteilungsleiterin wollte etwas Ausgeflipptes, und das sollte sie auch bekommen. Ich packte vier der Köpfe an den Haaren, trug sie ins Schaufenster und machte mich ans Werk. Es war noch früher Morgen an einem normalen Arbeitstag, daher war draußen in der Fußgängerzone noch nicht so viel los, und ich konnte ungestört meine Arbeit verrichten.

Die Puppe, die den Kopf mit den verdrehten Augen bekommen hatte, stellte ich so auf, daß sie leicht vornübergebeugt war und die Arme nach hinten streckte, so als wolle sie sich absichtlich albern aufführen, um andere zum Lachen zu bringen.

Ihr gegenüber stellte ich die Puppe mit dem Lachen auf, wobei ich sie ebenfalls leicht vornüberbeugte, sie etwas in die Hocke gehen ließ und sich mit den Händen auf den Oberschenkeln abstützen ließ, so als könne sie sich vor Lachen gar nicht mehr aufrecht halten. Ich stellte mir vor, daß sie sich über die verdrehten Augen ihres Gegenübers ausschüttete vor Lachen.

Wie ich so mein Werk betrachtete, fiel mir beim Stichwort »Ausschütten« etwas ein. Könnte es bei einer jungen Dame nicht passieren, daß sie ihr Höschen naß macht, wenn sie so heftig lachen muß, daß sie sich beugen und abstützen muß? Im nachhinein muß ich sagen, daß ich darüber vielleicht besser zweimal hätte nachdenken sollen, aber ich entschied spontan, daß ich etwas bestimmtes tun mußte, um die Szene perfekt zu machen …

Im Eingansbereich stand ein Abfallbehälter, in dem ich nach kurzer Suche eine leere Limonadeflasche fand. Damit eilte ich auf die Toilette, füllte sie mit Leitungswasser und lief zum Schaufenster zurück.

Dann zog ich vorsichtig an der Jeans der Lachenden, hielt die Flasche darüber und goß ein wenig von dem Wasser hinein. Natürlich trug sie auch wieder einen Slip, denn das war inzwischen bei mir Standard. Dadurch, daß sie leicht gebeugt und in der Hocke war, spannte sich die Jeans am Po, so daß man die Bündchen des Slips erkennen konnte.

Ich achtete darauf, daß zuerst überwiegend der Slip naß wurde, weil das vermutlich realistischer war. Aber natürlich übertrug sich die Nässe rasch auf die Jeans. Vorne und im Schritt bildete sich ein Fleck, der sich an den Innenseiten der Schenkel nach unten ausbreitete.

Ich trat eine Schritt zurück und begutachtete den Effekt. Es sah perfekt aus. Im Stillen beglückwünschte ich mich zu dieser genialen Idee. Das würde bestimmt ein Renner werden. Ich war bereits gespannt, wie die Leute schauen würden, wenn es draußen belebter wurde.

Doch ich konnte mich noch nicht ausruhen, denn ich hatte ja noch mehr zu tun. Es waren erst zwei Schaufensterpuppen fertig, und ich mußte noch eine Reihe weiterer umkleiden.

Als ich einige Zeit später wieder einen Blick auf »Miss Pipi« warf, mußte ich zu meiner Enttäuschung feststellen, daß der Fleck getrocknet war und man kaum noch etwas sehen konnte. Wie dumm. Ich kicherte bei dem Gedanken, daß ein richtiges Mädchen in dieser Situation wohl genau das umgekehrte Problem hatte: die Hose möglichst schnell wieder trocken zu bekommen.

Aber was sollte ich machen? Ich konnte ja schlecht alle halbe Stunde ins Schaufenster gehen, um ein paar Spritzer nachzukippen, damit der nasse Fleck aufgefrischt wird …

Und wieder half mir mein Improvisationstalent. Ich lief hinüber zum Putzraum und stöberte in den Sachen des Reinigungspersonals. Schließlich fand ich, was ich gesucht hatte: einen kleinen, flachen Schwamm. Ich tränkte den Schwamm mit Wasser und rannte zurück zum Schaufenster, wobei ich eine Spur aus Wassertropfen auf dem Boden hinterließ.

Ich zog »Miss Pipi« die Hose und den Slip herunter, legte den Schwamm in den Schritt des Slips, und zog ihn dann vorsichtig wieder hoch. Zum Glück war es keine hautenge Stretch-Jeans, so daß der Schwamm nicht sofort ausgepreßt wurde und sich auch nicht abzeichnete.

Zufrieden stemmte ich die Hände in die Hüften. Das würde jetzt sicherlich nicht so rasch austrocknen. Bis zur Mittagspause würde es bestimmt halten, vielleicht sogar den ganzen Tag. Ich nahm mir vor, mittags nochmal nach dem rechten zu sehen und nötigenfalls einen frischen Schwamm nachzulegen.

Dann verließ ich das Schaufenster und begab mich in den Verkaufsbereich, wo die neuen Jeans aufgestellte werden mußten, und außerdem mußten die alten Jeans neue Preisetiketten bekommen.

Ich war in die Arbeit mit dem Etikettiergerät vertieft, als plötzlich jemand neben mir stand. Es war meine Chefin, und sie sah sehr böse aus.

»Frau Weiden!« begann sie. Ich schluckte. Sonst sagte sie immer Sophie zu mir.

»Jetzt sind Sie entschieden zu weit gegangen!« donnerte sie los. »Frau Müller hat mich darüber informiert, was Sie getan haben. Wie sind Sie nur auf so einen abscheulichen Einfall gekommen?!«

Aha, Frau Müller. Das war die aus der Dessous-Abteilung, die mich nicht leiden konnte. Bestimmt hatte sie zufällig die Sache mit der nassen Jeans gesehen und sich gedacht, daß sie mich bei meiner Chefin anschwärzen könnte.

»Aber so schlimm ist es doch gar nicht … es ist lustig, und Sie wollten doch etwas Ausgeflipptes …«, verteidigte ich mich.

»Das ist nicht ausgeflippt, das ist eine Katastrophe! Die Leute werden angewidert weglaufen, anstatt etwas bei uns zu kaufen!«

Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und widersprach: »Sind Sie sicher? Haben Sie es sich überhaupt schonmal selbst angeschaut?«

Sie zögerte. Dann wandte Sie sich um und marschierte in Richtung Schaufenster. »Kommen Sie mit! Sehen Sie sich an, was Sie angerichtet haben!«

Als wir ankamen, zog die Abteilungsleiterin den Vorhang zur Seite, der den Zugang zum Schaufenster abtrennte. Wie angewurzelt blieben wir stehen und starrten hinaus.

Draußen hatte sich eine riesige Menschenmenge versammelt. Sie machten nicht im geringsten den Eindruck, als wollten sie angewidert weglaufen, im Gegenteil — jeder versuchte, nach vorne zu drängen, um den besten Blick auf die Szene zu erhaschen. Die Menschen lachten und waren sichtlich amüsiert, sowohl Männer als auch Frauen. Ich sah drei, die Photos machten. Einer von ihnen hatte ein Presseschildchen an der Brust und war offenbar von der lokalen Tageszeitung.

Meine Chefin wandte schließlich den Blick von der Menschentraube und schaut zu der Szenerie herüber, die ich im Schaufenster aufgebaut hatte. Ein Grinsen stahl sich in ihr Gesicht, als sie die Puppe mit den verdrehten Augen und »Miss Pipi« erblickte.

Sie zog den Vorhang wieder zu und sah mich an. Ich merkte, daß sie krampfhaft überlegte, was sie jetzt zu mir sagen sollte. Einerseits war offensichtlich, daß meine »Gestaltung« keinen schlechten Eindruck auf die Kundschaft machte, aber andererseits wollte sie wohl nicht zugeben, daß sie vorhin bei ihrem Zornesausbruch im Unrecht gewesen war.

Ich versuchte, ihr zu helfen und bat diplomatisch: »Bitte geben Sie mir eine Chance, nur bis morgen oder so. Vielleicht ist die Wirkung ja gar nicht so schlecht, wie Frau Müller es dargestellt hat.«

Die Abteilungsleiterin nickte langsam und ließ mich wortlos stehen. Ich atmete tief durch.

Am nächsten Morgen nahm mich meine Chefin beiseite: »Sophie, ich muß kurz mit Ihnen sprechen.«

Ich wertete es als positives Zeichen, daß sie mich wieder beim Vornamen nannte. Und sie hatte tatsächlich gute Nachrichten zu verkünden.

»Wir haben gestern in der Abteilung für Damenoberbekleidung knapp zwanzig Prozent mehr Umsatz gemacht als am gleichen Wochentag in der letzten Woche. Ich habe mit mehreren Kolleginnen und Kollegen gesprochen, und wir waren uns einig, daß wir das Ihrer Aktion im Schaufenster zu verdanken haben.«

Sie wedelte mit einem Stück Papier und hielt es mir entgegen. »Die Geschäftsführung hat sich entschlossen, Ihnen einen kleinen Bonus zu geben.«

Ich nahm das Papier. Es war ein Einkaufsgutschein im Wert von 200 Euro — eine Menge Geld bei meinem bescheidenen Azubi-Gehalt. Ich konnte es kaum fassen.

Die Abteilungsleiterin fuhr fort: »Aber wenn Sie das nächstemal so eine … hmm … unkonventionelle Idee haben, fragen Sie mich lieber vorher. Sowas kann auch ziemlich in die Hose gehen. Äh, im übertragenen Sinn, meine ich.«

Wir mußten beide lachen.

»Mal ganz unter uns«, meinte sie in verschwörerischem Tonfall, »wie haben Sie das eigentlich geschafft, daß die Jeans nicht trocknet?«

Ich erzählte ihr von dem Schwamm.

»Na, dann sorgen Sie mal dafür, daß der Schwamm regelmäßig aufgefrischt wird, Sophie. Achja, und noch etwas … Um Zehn Uhr kommt ein Herr von der Tageszeitung und möchte ein Interview mit Ihnen führen.«

»Was?!? Ich meine — wie bitte? Mit mir?«

Meine Chefin lächelte. »Naja, gestern kam zufällig ein Photograph vorbei und hat den Menschenauflauf bemerkt. Er hat das Schaufenster photographiert, und als er später in der Redaktion die Bilder herumzeigte, ist einer der Journalisten auf die Idee gekommen, einen kleinen Artikel dazu zu schreiben. Er rief bei uns an und wollte wissen, wer die Schaufensterdekoration gestaltet hat, um ein Interview zu machen.«

Ich konnte es nicht glauben.

»Keine Sorge«, fuhr sie augenzwinkernd fort, »ich werde dabeisein und darauf achten, daß unser Kaufhaus ordentlich repräsentiert wird.«

Am nächsten Tag konnte die ganze Stadt die Geschichte mit Miss Pipi und dem Schwamm in der Zeitung lesen. Natürlich war der Platz vor dem Schaufenster wieder mit Menschen überfüllt. Es gab sogar richtige Fans, die morgens in der Frühe auf dem Weg zur Arbeit oder zur Schule einen Umweg machten, nur um einen Blick in »mein« Schaufenster zu werfen und dabei zuzuschauen, wie ich einen frischen Schwamm nachlegte.

Außerdem mußte ich in größeren Abständen auch die Jeans und den Slip wechseln, weil es nicht gut für das Gewebe war, wenn es ununterbrochen feucht gehalten wurde.

Ich muß zu meiner Schande gestehen, daß nicht ich es war, sondern meine Abteilungsleiterin, die die geniale Idee hatte, die »verbrauchten« Jeans zu versteigern. Am Anfang glaubte ich nicht, daß es viel einbringen würde, denn wenn die Jeans einmal getrocknet waren, waren sie nicht mehr von anderen zu unterscheiden. Schließlich war es ja nur reines Leitungswasser gewesen.

Aber ich hatte wohl den ideellen Wert unterschätzt, den viele Leute offenbar darin sahen: Der Erlös aus den Versteigerungen übertraf den normalen Preis bei weitem. Er wurde vollständig für einen wohltätigen Zweck gespendet, und das konnte sich das Kaufhaus auch leisten, denn der Umsatz war durch die Publicity deutlich angestiegen. Kurz darauf erhielt ich erneut einen Bonus.

Tja, das war meine kleine Geschichte. Daß ich keinen Gedanken mehr an ein Studium verschwendet habe, kannst du dir bestimmt vorstellen.

ENDE

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